Julian Richings

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Interview by
Angela Wegener (metalamazon) and Gaby Eichberger (angelinchains)
Julian Richings – man kommt nicht an ihm vorbei, wenn man sich fürs Horrorgenre interessiert. Er ist einer jener Schauspieler, bei denen man sich das Hirn darüber zermartert, wo (Film, Serie) man ihn denn schon gesehen hat. Denn seine Auftritte sind oft nicht von Dauer, dafür markant. In die Herzen der Fans von Supernatutal spielte er sich mit der brillanten Verkörperung von ‚Death‘ und lehrte da nicht nur Dean Winchester das Fürchten. In unserem Interview spricht Julian neben seinem Werdegang und den verschiedenen Rollen auch darüber wie es ihm bei seinem allerersten Dreh am Set von Supernatural erging und welche Lehre er daraus gezogen hat. Viel Vergnügen:

 

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Was war der Auslöser für dein Interesse an der Schauspielerei?

Ich bin der Mittlere von 3 Jungs. Ich denke, ich war mir schon immer bewusst, dass ich das Bedürfnis hatte, mich an meine Geschwister anzupassen und zu adaptieren und ebenso an die Gesellschaft um mich herum. Verschiedene Aspekte unserer Persönlichkeit werden durch verschiedene Leute hervorgebracht; wir sind nicht festgelegt, kontinuierlich schlüpfen wir in Rollen um uns der Dynamik jener Gruppe anzupassen, in der wir uns gerade befinden. Als mein älterer Bruder sich einem Jugend-Club anschloss, der Theateraufführungen veranstaltete, half ich ihm die Kulisse zu bauen und zu bemalen. (Später wurde er professioneller Theater-Designer) Ich hab diesen Ort geliebt. Ich liebte die ganzen Abläufe rund um die Aufführungen herum, die Beleuchtung, die Kostüme, das Set-Design, die technische Seite der Kostümproben etc., etc. Ich wusste ich war in einer Gemeinschaft gelandet, in der ich arbeiten wollte. Ich war technisch nicht sehr versiert aber ich liebte die Schauspielerei.

 

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1984 bist du nach Toronto gezogen. Wie hat es dich dorthin verschlagen.

Ich tourte mit einer britischen Theater-Company mit einer Produktion von James Joyces „Ulysses“. Es war eine imagistische, höchst körperbetonte Produktion, sehr erfolgreich in Europa, dann wurde sie auf Festivals in Chicago, New York und Toronto gespielt. Die Show wurde für einen zweiten Durchgang in Toronto gebucht und ich lernte viele Leute kennen. Ich mochte die Energie und die Offenheit der Stadt, und ihre blühende Theater-, Film- und Fernsehszene.

 

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Vermisst du manchmal „Good Old Europe“?

Europa ist ein Teil von mir, von was ich bin. Es gibt überraschend viele europäische Enklaven und Traditionen in Nord Amerika und ich denke ich fühl mich instinktiv davon angezogen. Aber ich liebe die Größe und die Weite der neuen Welt und fühl mich in Toronto komplett zu Hause.Ich kehre immer wieder nach Europa zurück, um meine Familie zu besuchen, daher fühle ich mich auch nicht irgendwie von ihnen abgeschnitten.

 

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1996 wurden die Kritiker auf dich aufmerksam,  als du die verbitterte Punk Rock Legende Bucky Haight in Hard Core Logo verkörpert hast. Der Film avancierte übrigens zu einem der besten kanadischen Filme aller Zeiten. Was hat dich an diesem Projekt besonders gereizt?

Der Regisseur, Bruce McDonald, hatte an „Top of his Head“ von Peter Mettler gearbeitet, einem meiner ersten Filme, die ich in Toronto gedreht habe. Ich lief ihm in der U-Bahn und Straßenbahn immer wieder über den Weg und wir hielten uns gegenseitig am Laufenden, darüber, was wir gerade so taten. Als ich das Script für Hard Core Logo sah, wusste ich, das muss ich machen. Die UK Punk-Szene hatte in den 70ern einen großen Einfluss auf mich und ich konnte  mich von 3 oder 4 meiner Helden inspirieren lassen. Ich liebe Musik und es hat mir große Freude bereitet, an diesem Film zu arbeiten. Seit damals haben Bruce und ich einige Projekte zusammen gemacht. Er ist eine kulturelle Ikone in Toronto und es ist immer eine Freude, wenn er das Zepter in der Hand hat.

 

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Du scheinst eine Affinität für düstere bzw. außergewöhnliche Charaktere zu besitzen. Wie findest du dich in diese Charaktere hinein?

Sehr einfach. Ich spiele die Szene. Ich trage zur Geschichte bei.Ich stelle sicher, dass ich die Szene, in der ich bin, verstehe und ihre Funktionalität im großen Ganzen und ich versuche, jenen Ton und Couleur einzubringen, der gebraucht wird. Ich trage ganz selten die Last eines ganzen Filmes. Aber ich werde oft gebeten hereinzukommen und die Story in eine bestimmte Richtung zu lenken. Es ist mein Job so unterhaltend wie möglich sein, aber auch mir und dem Film treu zu bleiben, ohne dabei vom eigentlichen abzulenken. Ich versuche mitzuarbeiten und wirklich das zu verkörpern, was vom Regisseur gebraucht wird.Ich versuche bewusst nicht grüblerisch oder düster zu wirken – im Gegenteil. Ich versuche die Menschlichkeit und Logik in dem zu sehen, was mein Charakter tut. Es liegt in der Hand des Publikums zu entscheiden ob ich düster oder mit Fehlern behaftet oder böse bin. Ich kann den Charakter nur in seiner Wahrhaftigkeit spielen, Augenblick für Augenblick. Auf diese Weise ist er hoffentlich glaubhaft und sehenswert.

 

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Du hast sowohl in Hollywood Blockbustern als auch in kleinen Produktionen mitgespielt. Was spricht dich mehr an und weshalb?

Mein Herz schlägt für das Independent Kino. Ich liebe es mit Leuten zu arbeiten, die voller Ideen stecken und gewillt sind Risiken einzugehen. Ich respektiere ihr Bedürfnis nach Kreativität und wie sie, aufgrund mangelnder Ressourcen, damit umgehen. Ich weiß dass es sehr anstrengend sein kann. Und es ist sicher einfacher für einen Schauspieler, wie ich einer bin, der einige Tage lang seinen Job macht,  als für den Regisseur und die Crew, für die kann es im höchsten Maße grauenhaft sein. Ich hab das Privileg Big-Budget-Filme zu drehen und ich genieße das Gegenteil.

 

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Welche Kriterien hast du, wenn es um die Auswahl einer Rolle im Film, Fernsehen oder Theater geht?

Das ist unterschiedlich. Manchmal ist es wegen der Rolle, manchmal wegen der Leute, die darin involviert sind und manchmal ist es einfach weil ich einen Job brauche.Ich denke nicht, dass sich die Kriterien für TV, Film oder Theater wirklich voneinander unterscheiden.

 

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Kingdom Hospital war auch im deutschsprachigen Raum sehr erfolgreich. Dein Charakter ‚Otto‘ trägt die ganze Zeit über diese wahnwitzige Brille. Wie um alles in der Welt hast du damit überhaupt was sehen können?

Ha ha! Unmöglich!Es freut mich zu hören, dass die Serie erfolgreich war – es hat mir großen Spaß gemacht, sie zu drehen und ich war ein riesen Fan von Lars Von Triers Original.Als wir mit dem Drehen anfingen, schlug der Requisiteur vor, dass ich Kontaktlinsen tragen sollte, um die Vergrößerung, die durch die Brille entstand, zu kompensieren. Es war sehr schwierig für mich die Dinger überhaupt ins Auge zu bekommen – aber als es mir schließlich gelang, war da eine dermaßen irre Verzerrung, dass ich dachte, ich müsste mich gleich und sofort übergeben. Daher entschlossen wir uns, mit normalen Brillen zu proben und anschließend zu den Vergrößerungsbrillen zu wechseln. Ich war bei jedem Take fast blind. Aber dann kam ich drauf, das Otto im charakterlichen Sinne auch fast blind war und dann war das stimmig.

 

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Sprechen wir über deine brillante Rolle als Death in Supernatural. Was wusstest über die Show bevor du beim Vorsprechen warst? Kanntest du die Show überhaupt?

Ich wusste sehr wenig über die Show. Ich drehte gerade ein Sequel zu Hard Core Logo im abgelegenen Saskatchewan, als mein Agent anrief und mir von dem Gig erzählte. Ich bin sofort nach Drehschluss nach Vancouver gereist und war ein wenig groggy. Ich kam am Set an und musste in der großartigen Eröffnungssequenz mit diesem Oldtimer fahren. Ich wurde schnell hellwach, weil ich Angst davor hatte, eine Beule rein zu machen. Ziemlich gleich im Anschluss daran, drehten wir die Pizza Szene mit Jensen und ich aß jede Menge Pizza im ersten Take weil ich hungrig war. Großer Fehler! Ich musste die gleichen Bewegungen in jedem Take wiederholen. Als wir dann fertig waren, hatte ich so viel gegessen, ich konnte für ungefähr einen Monat keine Pizza mehr sehen. Aber ich hatte eine tolle Zeit. Ich wurde herzlichst willkommen geheißen und ich habe es wirklich genossen mit Jensen zu arbeiten. Ich hab mich in seiner Gegenwart sehr wohl gefühlt und er war sehr aufgeschlossen. Es ist eine fulminante Szene, hervorragend geschrieben und wir haben unser Bestes gegeben.

 

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Die Fans der Serie haben mehr als positiv auf deine (und die der Autoren) Interpretation des Sensenmannes reagiert. Was, wiederrum, war deine Reaktion, als du davon erfahren hast?

Ich war überrascht und hocherfreut. Ich war nie in einer Show mit einer derart loyalen und sachkundigen Fanbase. Die Welt von Supernatural ist unglaublich verschachtelt und voll von Mythologie und Sagen- und Märchengut. Das liebe ich an der Show, es bedeutet aber auch, dass ich manchmal unfähig bin, intelligente Antworten zu geben, wenn ich nach spezifischen Details gefragt werde. Es ist wirklich demütigend für einen selbst, herauszufinden, wie begeistert und bewandert Supernatural Fans sind. Ich tendiere dazu, Fragen aus meiner begrenzten Sicht der Dinge zu beantworten. Und ich habe nichts der Expertise mancher Zuseher entgegenzustellen, wovon etliche ein enzyklopädisches Wissen über jede Show besitzen – über 9 Staffeln hinweg!

 

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Conventions.  Wie wichtig sind dir solche Veranstaltungen bzw. die Interaktion mit den Fans?

Ich liebe es! Es ist eine großartige Möglichkeit dein Publikum von Angesicht zu Angesicht zu sehen. Ich komm ja vom Theater, daher fühle ich mich bei der Interaktion [mit den Fans] und den Fragen & Antworten auf der Bühne wohl. Das Karaoke ist eine tolle Party für jeden, in entspannter Atmosphäre. Als Schauspieler erdet es uns quasi. Wir gehen aus uns heraus und nehmen uns selbst nicht so bierernst. Es fühlt sich an, wie eine Familienfeier.

 

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Wie war es für dich in Season 9 wieder ans Set von Supernatural zurückzukehren?

Es ist immer locker und entspannt. Für so eine hochqualitative Show ist es, für einen Schauspieler wie mich, bemerkenswert frei von Druck.  Ich denke, man sollte Jared und Jensen dafür danken, weil sie wohl einen großen Anteil daran haben.

 

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Hast du eigentlich eine Lieblingsszene als Death in der Serie, wenn ja, welche und weshalb?

Nun, ich schätze mich sehr glücklich. Sämtliche Auftritte von Death wurden sehr gut geschrieben. Die Bedrohung durch Deaths Präsenz, wurde stets von unterschwelligem, sarkastischem Humor begleitet. Ich hab die verschiedenen Arten von Junk Food genossen. (Und ich hab gelernt, beim ersten Take nie zu viel zu essen!) Aber ich denke, diese große erste Szene in der Pizzeria war besonders bedeutend; sie ist durchsetzt von fantastischen Momenten und Schwarzem Humor.

 

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Du hast mittlerweile einen gewissen Berühmtheitsgrad erreicht. Kannst du überhaupt noch unerkannt einkaufen oder Zeitung holen gehen?

Nein, ich werde an den meisten Orten wo ich auftauche erkannt, aber das passt schon. Es ist ja nicht so, als wäre ich von Paparazzis umzingelt. Und die Leute in Kanada sind generell sehr freundlich. Weil ich eine Reihe von dubiosen bedrohlichen Charakteren gespielt habe, neigen eigentlich viele Leute um mich herum eher zur Nervosität. Mir wird oft von Leuten gesagt: „Oh mein Gott! Sie haben gelächelt! Was für eine Überraschung!“Ich freue mich, wenn Leute Hallo sagen – das ist nur fair. Ich arbeite in der Unterhaltungsindustrie, und ich bin darauf angewiesen, dass die Öffentlichkeit von dem was ich tue Notiz nimmt. Sie sind mein Publikum. Und zahlen indirekt meine Rechnungen, daher liegt es an mir,  freundlich darauf zu reagieren, wenn sie Hallo sagen.

 

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Kannst du uns verraten, welche Rollen (Projekte) für dich als nächstes anstehen?

Ich kann Euch soviel sagen, dass ich eine kleine wiederkehrende Rolle in Staffel 2 einer sehr spannenden TV-Serie habe, die von einem Freund von mir kreiert wurde. Es ist eine außergewöhnliche Show und ich kann sie Euch nur wärmstens ans Herz legen. Sie heißt „Orphan Black“.Ich habe auch einen Gastauftritt in einer Episode von „The Listener“, einer Show, die in Toronto gedreht wird. Und was den eher gruseligen Stoff angeht, habe ich gerade 3 Low Budget Horror Filme abgedreht, die von Tony Burgess, einem erfolgreichen kanadischen Autor, geschrieben wurden.Und gerade diese Woche hab ich das Gegenteil von einem zuckersüßen Weihnachtsfilm gedreht – „A Christmas Horror Story“.

 

Vielen herzlichen Dank für die Zeit, die du dir genommen hast, um unsere Fragen so ausführlich zu beantworten. Wir hoffen, noch viel von dir zu sehen und zu hören. Möglicherweise gehört da auch ein Auftritt in Supernatural Season 10 dazu? Daumen sind gedrückt!

 

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